Karate für Kids: Schule für das Selbstvertrauen

08.09.2017

Lena, Sarah, Sonja, Ronja, Laura und Nico drehen einige Runden in der Turnhalle. Das Training hat begonnen. Gleich werden Block- und Kontertechniken geübt. Die Kinder lernen, sich selbst zu verteidigen.
[Wetterauer Zeitung, Christine Fauerbach: Karate für Kids: Schule für das Selbstvertrauen]

Ich wurde zwei Tage nach meinem Wechsel auf die Kurt-Schumacher-Schule als Fünftklässlerin in der Pause von einer Gruppe Jungs ohne Grund verprügelt. Ältere Schüler haben zugeguckt, geholfen hat mir niemand.« Sarah blickt nur ungern auf den Vorfall von vor zwei Jahren zurück. Aber er ist in Erinnerung geblieben. Für die heutige Siebtklässlerin war es ein Schlüsselerlebnis. Damals fasste sie den Entschluss: Ich möchte mich selbst verteidigen können. Heute besucht sie den Karatekurs von Kathrin Lepich. Die 22-Jährige bietet beim TV Rendel einen Karate- und Selbstverteidigungskurs für Kinder ab acht Jahre an.

Bei der asiatischen Kampfsportart Karate (dt. »leere Hand«) lernen die kleinen Karatekas, sich in Gefahrensituationen ohne Waffen durch spezielle Schlag- und Tritttechniken selbst zu verteidigen. Nebenbei trainieren sie Selbstvertrauen, Körperbeherrschung, Konzentrationsfähigkeit und Sozialverhalten. Vermittelt werden wichtige Verhaltensregeln wie Disziplin, Respekt, Mut und Teamgeist. Seit Ende August bietet Kathrin Lepich aus Klein-Karben den neuen Kurs an.

»Ich habe im Alter von neun Jahren bei Frank Schuck beim SV Gronau angefangen, Karate zu lernen«, berichtet Lepich, die an der Johann-Wolfgang-Goethe-Universität Grundschullehramt die Fächer Mathematik, Deutsch und Sport studiert. Vor sechs Jahren hat sie ihren Schwarzgurt bei Hanshi Balfour Wright, dem amerikanischen Karate-Großmeister der Stilrichtung GoJu Ryu Karate, in San Antonio, Texas gemacht. »Karate ist eine sehr vielfältige Kampfkunst, die den ganzen Körper und Geist schult. Für mich ist sie inzwischen ein wichtiger Bestandteil meines Lebens«, sagt die Trainerin.

Lepich hat bereits erfolgreich an Wettkämpfen teilgenommen, hat sich sogar auch einmal für eine Weltmeisterschaft qualifiziert. »Aus schulischen Gründen konnte ich leider nicht teilnehmen«, bedauert sie. Beim TV Rendel will sie ihr Können und Wissen an den sportlichen Nachwuchs weitergeben. Sieben Kinder zwischen acht und 13 Jahren wollen die traditionelle asiatische Kampfsportart bei ihr kennenlernen und vertiefen. Alle – bis auf Sonja aus Klein-Karben – haben keinerlei Vorkenntnisse. »Ich habe bereits als Fünfjährige in einer privaten Karateschule Grundlagen gelernt«, berichtet die Zweitklässlerin.

Andere Teilnehmer suchten eine Sportart, bekamen sie von ihren Eltern empfohlen oder lasen wie Viertklässler Nico selbst das Hinweisschild.
Wie Sarah haben auch einige der anderen Teilnehmer negative Erfahrungen gemacht, sind von Mitschülern geschubst worden. Die Trainerin sagt dazu: »Der Vorteil des Karate- und Selbstverteidigungskurses liegt darin, dass sich die Teilnehmer in Konfliktsituationen nicht nur körperlich, sondern auch verbal verteidigen lernen. Ihre Körpersprache und ihr Selbstbewusstsein werden gestärkt.«

Die Schüler lernen in fünf Schritten sich gegen die Angriffe zu verteidigen. »Man wird geschubst, weicht aus, blockt ab, wehrt ab, weicht aus, blockt und kontert. Begleitet werden die Aktionen verbal. ›Lass mich in Ruhe‹ «, erläutert die Trainerin. Im Vordergrund des Trainings steht die Selbstverteidigung, dann erst der Konter. Vor der dritten Trainingsstunde drehen Lena (10), Sarah (12), Sonja (8), Ronja (11), Laura (7) und Nico (9) einige Runden in der Turnhalle. Danach beginnt das Aufwärmtraining (Ausdauer, Schnelligkeit, Gelenkigkeit).
Ihm folgt das Wiederholen bereits erlernter Grundtechniken wie den Verteidigungsformen (Abblocken), Konter (Stöße, Schläge) und Tritte. In Rollenspielen lernen die Karatekas, Angriffe auf bestimmte Körperregionen von der Nase bis zum Unterleib abzublocken und zu verteidigen.

Das Einüben der verschiedenen Bewegungsabläufe, die richtige Arm- und Hand-Haltung und ein fester Stand sind für alle noch eine Herausforderung. »Blöcke beginnen immer mit der linken Hand, Schläge mit der rechten«, erinnert die Trainerin. Bei den Schlägen treffen die Knöchel von Zeige- und Mittelfingern den Angreifer. Immer wieder üben die jungen Schüler Schlag-, Stoß-, Tritt- und Blocktechniken. Lepich hat ihre Schüler fest im Blick. Ihr entgeht nicht der kleinste Stand- oder Haltungsfehler.

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